Aus dem Vortrag von Dr. Heide Göttner-Abendroth auf dem Kongress „Muttergipfel“, Karlsruhe 2008
Der klassisch patriarchale Begriff ist, dass die Frau nur Mutter und Hausfrau ist, wobei sie auf ihre Gebärfähigkeit als ihre „Bestimmung“ reduziert wird. Es ist die hausfrauisierte, isolierte Mutter. Sie lebt im Hause des Mannes, um ihn zu bedienen und „seine“ Kinder zu gebären, vor allem seine Söhne. Dabei muss jede Frau zwangsweise Mutter sein, denn außerhalb davon wird ihr keinerlei Wert zugestanden. Daraus entsteht eine überaus unterdrückerische Situation für Frauen, die nicht auszuhalten wäre, wenn nicht dazu eine Ideologie mitgeliefert würde, welche die Situation verschleiert. (…) Der moderne patriarchale Mutterbegriff soll dann die Lösung dieses Dilemmas bringen, nämlich die Vorstellung von der Karriere-Frau, die im Berufsleben erfolgreich ist und „nebenbei“ auch noch ihre Kinder pflegt. Es ist das Bild der Superfrau oder Rabenmutter – je nach Wertesystem – die alles macht und alles kann, die überall „ihren Mann steht“, doch ganz weiblich auch noch die nächste Generation gebiert und erzieht.
In beträchtlicher Untertreibung nennt man das die „Doppelbelastung“ der Frau. Denn eine einzelne Frau kann ihre Kinder weder nur nebenbei erziehen, noch kann sie gleichzeitig voll in Berufsstrukturen einsteigen, die nicht nach ihren Bedürfnissen aufgebaut sind. (…) Dabei haben wir das Problem der Fremderziehung der Kinder durch andere Personen noch gar nicht erwähnt, was nicht immer im Sinne der Mütter ist, aber im Sinne der patriarchalen Ideologie. So stellt diese Diskrepanz von nicht zusammen passenden Mustern weit mehr als nur eine „Doppelbelastung“ dar. Sie bedeutet eine doppelte Ausnutzung der Frau, nämlich in der Familie, wo sie gratis arbeitet, und im Beruf, wo sie in der Regel schlechter bezahlt wird. Das mündet nicht selten in ihrem gesundheitlichen Zusammenbruch. (…) Noch schlimmer wird die Situation, wenn diese rudimentäre Form von sozialem Zusammenhang, die Kleinfamilie, auseinander fällt – was ebenfalls immer häufiger ist. Dann ist die berufstätige Mutter auch noch Alleinerziehende. Der zunehmende Zusammenbruch der sozialen Muster in unseren westlichen Industriegesellschaften geht zu Lasten der Frau, die darin allein gelassen wird und als Single-Mutter nicht selten auf die unterste Ebene der Armut gerät.
Heide Göttner-Abendroth: Symbolik von Erde und Kosmos. Matriarchale Mysterienfeste, Tarotkarten, Astrologie
562 Seiten, zahlr. farb. u. s/w- Abb., erschienen März 2023, Christel Göttert Verlag, ISBN 9783939623847
Die Pionierin der modernen Matriachatsforschung, Dr. Heide Göttner-Abendroth, hat in fast vier Jahrzehnten die in Europa fast völlig verloren gegangene weibliche Spiritualität mit neuem Leben gefüllt. Aufgrund ihrer Erfahrung in matriarchalen Kulturen weltweit ist es der Autorin in diesem umfangreichen Werk gelungen, die Hintergründe, die Symbolik und Praxis der Mysterien- und Lebensstadienfeste kompakt und gut nachvollziehbar darzulegen. Auch die ursprünglich matriarchalen Symbole im Tarot oder in der Astrologie werden von Verfremdungen befreit. Ein Füllhorn an mythologischem Wissen, überschaubar zusammengestellt für Frauen, die sich an die Wurzeln und an die geistige Welt anbinden wollen.
Heide Göttner-Abendroth: Am Anfang die Mütter. Matriarchale Gesellschaft und Politik als Alternative
216 Seiten, Softcover, überarbeitete Neuerscheinung 2011, Kohlhammer Verlag, ISBN 9783170219342
"Auf der naturgegeben großen Bedeutung der Frau baut das matriarchale Verständnis von Gesellschaft und Kultur auf. Hier wird eine biologische Grundtatsache, nämlich die Gebärfähigkeit der Frau, zu einer kulturellen Schöpfung geformt. Darum verlieren matriarchale Gesellschaften nicht „den Boden unter den Füßen“ und sind viel realistischer. Hier wird der Frau, weil sie die Schenkerin und Erhalterin des Lebens für die ganze Gesellschaft ist, die höchste Achtung entgegengebracht. Eine Frau muss noch nicht einmal persönliche Mutterschaft erleben oder wünschen, um an dieser allgemeinen Verehrung der Frau teilzuhaben. Denn die Vorstellung von Mütterlichkeit trägt und gestaltet die ganze Gesellschaft, es ist ein allgemein gültiger und real umgesetzter Wert – und keine unterdrückerische und sentimentale Schablone nur für Frauen. Deshalb gibt es keinen Mutterkult in Matriarchaten, wohl aber eine grundsätzliche Mutter-Kultur. (…) In diesem Sinne eines für die einzelnen Frauen nicht zwangsweise verordneten und nicht abgespaltenen Mutterseins ist Mutterschaft das tragende soziale und kulturelle Element im Matriarchat."
Textauszüge aus Heide Göttner-Abendroth: Am Anfang die Mütter. Matriarchale Gesellschaft und Politik als Alternative, Kapitel
18; weitere Informationen finden Sie unter www.hagia.de
UF/Fotos und Textabdruck mit freundlicher Genehmigung von Dr. Heide Göttner-Abendroth; Christel Göttert Verlag; W. Kohlhammer GmbH; Mitte: CF