Die Malerin Ulrike Loos beschäftigt sich mit der Frage, ob und wie sich das Gehirn einer Mutter von anderen unterscheidet.
Als ich mein Kind geboren hatte, war ich ganz überwältigt von diesem Wunder. Was nach der Geburt an totalem Einsatz auf mich zukam, habe ich nie wieder erlebt. Ich empfand eine überbordende, bedingungslose Liebe wie für kein anderes menschliches Wesen. Ich hatte das Vor- und Nachher der Entbindung genau geplant. Christa Mulack nennt diese Fähigkeit das "konzeptionelle Denken", die Vorbereitung einer zukünftigen Eventualität. In mir tauchte die Frage auf, ob diese „vorausschauende Intelligenz“ der werdenden Mutter im weiblichen Gehirn für immer erhalten bleibt. In der Zeit, als ich mein Kind allein aufzog, machte ich weitere Entdeckungen, die meine Neugierde weckten. Wie kam es beispielsweise, dass mein Kind so viel lernen und behalten konnte? Den Gedanken, dass das alles doch nur von mir kommen könnte und sich alles, was in mir war, auch im Kind manifestierte, traute ich mich damals noch nicht auszusprechen. Aber ich erkannte, dass ich ganz neue Fähigkeiten entwickelt und unbewusst mit meinem Kind „eingeübt" hatte. Ich gab ihm so viel weiter, wie niemand anderes ihm hätte geben können.
Die Anthropologin Margaret Alice Murray hat dieses Phänomen in der Natur erforscht. Da das Leben bereits des noch Ungeborenen allein von seiner Mutter abhängig ist, sind die geistigen Reaktionen der Weibchen schneller und intensiver als die der männlichen Artgenossen. Wenn den Jungen Gefahr oder Hunger droht, muss sich die Mutter nämlich um sich selbst und um die Kleinen kümmern. Das gleiche Verhalten findet man auch bei Menschenmüttern. Dabei zeigt sich, dass Eigenschaften wie Mut, Ausdauer, Geschicklichkeit usw. bei Müttern verstärkt und intensiver auftreten. (Nebenbei bemerkt: Ich meine, für die ständige Abwendung von Gefahr oder Gewalt von den Kindern, sollten Mütter eine „Gefahren-Gehaltszulage“ bekommen.)